Der Black Friday veränderte Online Poker. Über Nacht wurden die US-Amerikaner vom Spiel ausgeschlossen. Das durch den Moneymaker Boom ausgelöste goldene Zeitalter war beendet.
Was ist der Black Friday?
Am Freitag, dem 15. April 2011, gingen das FBI und das Justizministerium der Vereinigten Staaten gegen die drei großen Online Poker Anbieter vor. Die Dot-Com Websites von PokerStars, Full Tilt Poker und Cereus (Absolute Poker, Ultimatebet) wurden beschlagnahmt. Die Poker Rooms schlossen daraufhin die US-Spieler vom Betrieb aus.
Zwei Gerichtsprozesse wurden eingeleitet: Zum einen ein Bundesstrafverfahren gegen die Gründer und wichtige Mitarbeiter (United States v. Scheinberg, et al., 1:10-cr-00336), zum anderen ein Zivilrechtsverfahren (United States v. Pokerstars, et al., 11 Civ. 2564).
Das FBI und das Justizministerium (U.S. Department of Justice, DoJ) basierten das Vorgehen auf dem Unlawful Internet Gambling Enforcement Act (UIEGA, 2006). Während das Aus für die US-Amerikaner praktisch über Nacht kam, zogen sich die Gerichtsprozesse über viele Jahre.
Die Schlüsselfiguren
Im Bundesstrafverfahren wurden elf Personen angeklagt: Isai Scheinberg, Paul Tate (PokerStars), Raymond Bitar, Nelson Burtnick (FTP), Scott Tom, Brent Beckley (AP/UB) sowie Ryan Lang, Ira Rubin, Bradley Franzen, Chad Elie und John Campos, die allesamt für Zahlungsdienstleistungen verantwortlich waren.
Am 20. September wurde die Zivilklage abgeändert und Howard Lederer, Chris Ferguson sowie Rafael Furst (FTP) einbezogen. Auf der Seite der Kläger waren Preet Bharara (US-Staatsanwalt) und Janice Fedarcyk (FBI) die zentralen Personen.
Die wohl wichtigste Person war jedoch Daniel Tzvetkoff. Der Australier war Mitgründer von Intabill. Diese Firma war für PokerStars, FTP und UB/AP der wichtigste Partner, um Gelder von amerikanischen Spielern zu transferieren. Tzvetkoff wurde rund ein Jahr vor dem Black Friday verhaftet, ging einen Deal mit den Behörden ein und lieferte die Beweise, die seine Geschäftspartner vor Gericht brachte.
Die Folgen
Der US-Markt war die wichtigste Einnahmequelle für die Online Poker Rooms, dementsprechend schwer traf es die Betreiber. Doch auch die Spieler bekamen es zu spüren. Amerikanische Freizeitspieler ließen im großen Stil Geld am Tisch liegen. Das fehlende Geld machte die Tische nun deutlich schwerer zu schlagen.
Im Rahmen des Black Friday wurden in 14 Ländern insgesamt 76 Bankkonten der Betreiber eingefroren. PokerStars arbeitete von Beginn an mit den Behörden zusammen und die PokerStars.com Domain wurde bereits am 20. April wieder freigegeben. Für PokerStars war es nur ein Rückschlag. Der Poker Room zahlte die US-Spieler aus und war nach dem Black Friday der mit Abstand größte Anbieter.
Für Full Tilt Poker und das Cereus Network leitete der Black Friday jedoch das Ende ein. Absolute Poker und Ultimatebet, die in den größten Skandal der Online Poker Geschichte verwickelt waren, hatten bereits zuvor finanzielle Probleme. Rund ein Jahr später gingen die beiden Poker Rooms offline. Die Spieler wurden nie komplett ausbezahlt.
FTP schaffte es ebenfalls nicht, die Spieler auszuzahlen. Im Zuge des Black Friday wurde bekannt, dass mehr als $330 Millionen an Spielergeldern fehlten. Grund hierfür waren sogenannte Phantomgelder. So zahlten einige Kunden per Bankkonto ein und erhielten virtuelles Guthaben, der Poker Room war jedoch nicht imstande, das Geld abzubuchen.
Das Problem war innerhalb der Poker-Community im Vorfeld bekannt und wurde auch ausgenutzt, das Verschulden ist dennoch bei den Betreibern zu suchen. Ray Bitar wurde von seinen FTP-Mitarbeitern verantwortlich gemacht. Wer jedoch alles an den Entscheidungen beteiligt war, bleibt weiterhin unklar.
PokerStars kaufte Ende Juli 2012 Full Tilt Poker auf und zahlte alle internationalen Spieler direkt aus. PokerStars zahlte zudem auch Geld an das DoJ, welches für amerikanische FTP-Spieler verwendet wurde. Obendrein wurde Geld für die geprellten Cereus-Spieler verwendet.
Der Online Poker Markt veränderte sich schnell. Vor dem Black Friday investierten die Poker Rooms Millionen in Werbung und TV-Programme. Online Poker ist in den USA bis heute noch nicht zurück, zumindest nicht flächendeckend.
Rechtliche Konsequenzen
Alle 14 angeklagten Personen standen letztendlich vor Gericht. Einige der Personen erhielten Haftstrafen, andere kamen mit Geldstrafen davon. Isai Scheinberg – der gebürtige Litauer, hält Staatsbürgerschaft in Kanada und Israel, lebt jedoch auf der Isle of Men – stellte sich erst 2020 den Behörden. Aufgrund seiner Zusammenarbeit nach dem Black Friday sowie seinen Bemühungen, dass alle Spieler ausbezahlt werden, erhielt er eine symbolische Strafe von $30.000.
Wie es zum Black Friday kommen konnte
Wenn man sehr weit ausholen möchte, muss der 11. September 2001 genannt werden. Die Terroranschläge veränderten die Welt und viele Regierungen verstärkten die Sicherheit. Eine dieser Sicherheitsbemühungen war das Security and Accountability For Every Port Act of 2006.
Das SAFE Port Act wäre sicherlich nie für die Poker-Community relevant geworden, wäre nicht das Unlawful Internet Gambling Enforcement Act (UIGEA) am Abend vor der Abstimmung angeheftet worden. Wie später berichtet wurde, hatte kein Abgeordneter die finale Version des UIGEA gelesen.
Das UIGEA wurde von den Senatoren Jim Leach, Robert Goodlatte, Bill Frist und Jon Kyl unterstützt und das SAFE Port Act am 30. September 2006 vom Repräsentantenhaus sowie dem Senat bewilligt. Am 13. Oktober unterzeichnete George W. Bush das Gesetz.
Die Details des UIGEA sind wichtig. So wird Glücksspiel nicht verboten, doch die “wissentlichen Zahlungen im Zusammenhang” mit Glücksspiel im Internet wurden untersagt. Das UIGEA hatte direkte Auswirkungen auf die Poker-Community.
Mit PartyPoker (Party Gaming) verließ kurz nach dem Inkrafttreten der größte Anbieter den US-Markt. Allerdings war der Poker Room nicht nur an der Börse notiert, sondern bot auch Casinospiele an. Die Gesetzeslage war jedoch nicht eindeutig.
PokerStars und die anderen Anbieter beriefen sich darauf, dass Poker ein Geschicklichkeitsspiel ist und dieses ausdrücklich vom UIGEA ausgeschlossen ist. Die Welthandelsorganisation gab den Poker Rooms Rückhalt. Aufgrund der fehlenden Regulierung in den USA sah die WTO die verwendeten Lizenzen als rechtmäßig an.
Illegale Zahlungen – Neteller verlässt den Markt
Dass zwei Anwälte zwei unterschiedliche Auslegungen von Gesetzen haben, kann jeden Tag in Gerichten weltweit verfolgt werden. Während sich die Poker-Anbieter mit der Meinung von Rechtsexperten abgesicherten, wurde dennoch schnell klar, dass nicht mehr alles mit rechten Dingen zuging.
Neteller verließ den Markt und mit dem Wegfall der e-Wallet suchten die Poker Rooms neue Partner, um das Geld der US-Spieler online zu bekommen. Mit Intabill wurde dieser Partner 2007 gefunden. Damit wurde Daniel Tzvetkoff zur zentralen Figur der Online Poker Industrie.
Daniel Tzvetkoff bringt das Kartenhaus zum Einsturz
Die Geschichte von Daniel Tzvetkoff ist faszinierend und ist im Buch Alligator Blood von James Leighton nachzulesen. Tzvetkoff war ein talentierter Programmierer und machte sich schon zur Jahrtausendwende selbstständig.
2004 gründete der Australier zusammen mit Sam Sciacca die Firma Intabill. Das Duo erkannte das Potenzial des US-Marktes und so wickelte Intabill den Zahlungsverkehr für die drei großen Online Poker Anbieter ab.
In den USA arbeitete Daniel Tzvetkoff mit Curtis Pope (Trendsact) und John Scott Clark (Impact Payment) zusammen. Damit die Zahlungen an die Poker Rooms nicht durch automatische Systeme entdeckt werden konnten, musste der IT-Spezialist kreativ werden.
Tzvetkoff verdiente sich eine goldene Nase, gab das Geld jedoch fast ebenso schnell wieder aus. Anstatt die Ausgaben einzuschränken, entschied sich der Geschäftsmann dazu, einen Teil der Intabill-Zahlungen in die eigene Tasche zu wirtschaften.
Der Diebstahl fiel irgendwann auf und Pope nutzte die Chance, um seine Partner aus dem Geschäft zu drängen. Daniel Tzvetkoff verlor sein Vermögen schneller, als er es erwirtschaftet hatte und wurde von Sciacca verklagt.
Doch damit nicht genug. Die Machenschaften des Australiers hatten die Aufmerksamkeit der US-Behörden auf sich gezogen und am 16. April 2010 klickten die Handschellen. Einer seiner ehemaligen Partner aus der Online Poker Industrie soll den entscheidenden Hinweis geliefert haben.
Dem Lebemann drohten bis zu 76 Jahren Gefängnis. Es wurde ein Deal vereinbart und Tzvetkoff packte aus. Da Daniel Tzvetkoff den Weg aller Transaktionen kannte, war der Geschäftsmann eine große Hilfe für das FBI.
SunFirst Bank und ein Whistleblower aus Utah
Während Daniel Tzvetkoff sicherlich eine zentrale Rolle beim Black Friday spielte, so gab es noch einen Whistleblower, der den Behörden half. Cathy Scharf arbeitete für die SunFirst Bank in Utah. Ihr Chef war John Campos, der im Rahmen des Black Friday angeklagt und verhaftet wurde.
Cathy Scharf stieß auf dubiose Zahlungen und befragte Campos. Dieser erklärte ihr, dass die Bank monatlich $400.000 verdiente und es somit nötig sei, in juristischen Grauzonen zu handeln. Scharf sah dies nicht so und wandte sich an die Behörden.
