Online Poker: Der Irrsinn der österreichischen Rechtsprechung

In Österreich steht die Verlängerung der Glücksspiellizenzen an. Wie dringend es notwendig wäre, endlich eine saubere Lösung zu finden, zeigt sich im absoluten Irrsinn, den Prozessfinanzierer und die österreichischen Gerichte aktuell verbreiten und damit die Pokerszene hinrichten.

Jeder Rechtsanwalt wird nun gleich mit dem erhobenen Zeigefinger und einem „So einfach ist das nicht!“. Ist es auch nicht, aber die Perversion, mit der findige Prozessfinanzierer eine Einkommensquelle gefunden haben und nun damit ohne Rücksicht auf Verluste wie ein Bulldozer durch die österreichische Pokerszene rollt, ist einfach nur bodenlos.

Es steht außer Frage, dass in Österreich ausschließlich die Österreichischen Lotterien/Casinos Austria zur Durchführung von Online Glücksspielen berechtigt sind. Die Diskussion von wegen EU-Recht ist unendlich und wurde im Prinzip mit den Urteilen, dass – obwohl jeder Spieler wissentlich angekreuzt hat, dass er sich vergewissert hat, dass Online-Poker beim entsprechenden ausländischen Anbieter legal ist – man den Konsumenten schützen muss, schon beendet. Dass Recht hier nicht Recht ist, ist schon fragwürdig, denn es hat nichts mit Spielerschutz zu tun. Noch fragwürdiger ist, dass Prozessfinanzierer mit einigen Pokerspielern auf den Zug aufgesprungen sind und aktiv Spieler gesucht haben, um die Anbieter zu verklagen und Geld zu machen.

Dass das nicht gut ausgehen würde, interessierte weder Prozessfinanzierer noch die jeweiligen Zuträger, Hauptsache es kommt was in die Kassa. Während viele Anbieter den Urteilen nachgegeben haben, hat sich vor allem PokerStars dagegen gestellt.

Poker ist bekanntlich anders als andere Glücksspiele. Man spielt nicht gegen das Haus, was man verliert, gewinnt ein anderer Spieler und umgekehrt. Auch heißt es nicht, dass wenn ich ein Turnier gewinne, auch wirklich finanziell gewinne. Denn der Einsatz ist nicht ersichtlich. Niemand, aber wirklich niemand außer dem Spieler selbst weiß, ob er ein Winning Player ist oder nicht. Man kann spekulieren, aber wissen kann man es definitiv nicht. Das hat verschiedene Gründe:

– man kennt die geleisteten Buy-Ins nicht
– man weiß nicht, ob der Spieler auf eigene Rechnung spielt oder gestaked, ob er in einem Stable ist oder einfach nur geswappt hat
– selbst ein Turniersieg an einem Tag garantiert nicht, dass man an diesem Tag auch wirklich gewonnen hat

Es gibt unzählige Statements von erfolgreichen professionellen Spielern, dass der hohe fünfstellige Cash an einem Sonntag noch immer nicht genug war, um den Tag im Plus abzuschließen. Und da sind die Faktoren, ob an den Gewinnen/Verlusten andere beteiligt sind, noch gar nicht berücksichtigt.

Vielleicht gibt  es das bei den Slots oder anderen Glücksspielen auch, aber beim Pokern ist es Usus. Es gibt eigene Plattformen, die Stakings anbieten, andere Anbieter haben das sogar schon in der Software. Swaps sind genauso in der Live- und Online Szene massiv verbreitet.

Diese Aspekte blieben bereits bei den Prozessen Losing Player gegen Anbieter außer Acht. Es kann theoretisch sein, dass ein Spieler in einem Full Staking war, quasi selbst kein Risiko hatte – und dafür mit Schadenszahlungen des Anbieters belohnt wurde. Ob es so ist? Man weiß es nicht. Aber es könnte durchaus passiert sein.

Als die Klagen begonnen haben, meinte ich, die Anbieter sollen die Verfahren so abwickeln, wie sie es bei Bots machen – von den Accounts, die die Pots gegen diese Spieler gewonnen haben, abziehen. Dann wäre die Angelegenheit schnell erledigt gewesen, denn es lässt sich doch kein Spieler seinen korrekt gewonnenen Pot wegnehmen.

Und genau in dieser Situation sind wir nun. Weil die Gerichte entschieden haben, dass der Schutz vor illegalem Spiel in beide Richtungen geht, können die Anbieter nun von Spielern Geld einfordern. Oder Spieler von Spielern. Was sich jetzt als schlechter Scherz liest, ist traurige Realität. Spieler klagen Spieler. Aus Neid, aus „weil ich es kann“, aus welchen niedrigen Beweggründen auch immer. Und natürlich stehen wieder die Prozessfinanzierer Gewehr bei Fuß und helfen  selbstlos.

Pokerspieler haben bekanntlich keine Lobby. Das Glücksspielwesen ist schon ein heikles Thema, das niemand angreifen möchte, denn damit gewinnt man keine Wahlen. Könnte man vielleicht, wenn man mal wirklich Zeit investieren würde und die einzelnen Bereiche sinnvoll und wirklich unter den Perspektiven von Spielerschutz und Geldwäsche aufgearbeitet werden würden. Aktuell ist von Netzsperren die Rede, was von der Realität soweit weg ist wie die Sonne vom Pluto. Aber das ist ein andere Problem. Die Spielerklagen gegen andere Spieler sind dagegen schon angekommen und klopfen an den Türen der Poker Pros und vermeintlich reichen Pokerspieler. Panik macht sich breit und das leider nicht unberechtigt. Denn auch die Gerichte haben sich bislang nicht wirklich Mühe gegeben, die Pokerwelt zu verstehen. Ja, auch wir Pokermedien tragen dazu bei. Wir wollen unsere Helden feiern und nicht über ihre Niederlagen schreiben. Auch wenn man weiß, dass der Millionengewinn noch immer nicht reicht, um aus dem MU zu kommen. Geschrieben wird nur über den Erfolg und so zeichnen wird auch ein sehr verzerrtes Bild der glorreichen Pokerwelt.

Man gewinnt immer wieder mal und obwohl ich schon sehr lange in der Pokerszene bin, kenne ich wirklich niemanden, der durch das Pokern ruiniert wurde. Pokerspieler, die sonstige Probleme haben und dadurch in Schieflage kommen – ja, da kenne ich doch einige. Aber nur wegen Pokern – nein. Ich kenne einige Spieler, die erfolgreich waren und sich mit den Gewinnen ein „anständiges“ Leben (wie es so schön heißt) aufgebaut haben. Ich kenne aber keinen Spieler, der die Verluste bei einem Anbieter eingeklagt hat und nicht auf den vielen anderen Seiten und Apps, die mehr oder weniger zweifelhafte Lizenzen haben, weiterspielen. Weil am Ende kann man ja eh wieder klagen. Die österreichischen Gerichte öffnen gerade die Büchse der Pandora und zerstören mit Anlauf die Pokerszene.

Ja, ich kann verstehen, dass Verlieren nicht geil ist, vor allem, wenn die anderen um einen herum gewinnen. Aber ich kann nicht verstehen, dass man sich Schlupflöcher in der Gesetzgebung zusammensucht und daraus ein Business konstruiert, das anderen Menschen aktiv Schaden zufügt. Wir reden nicht von Konzernen, die Milliarden auf Südseeinseln bunkern, wir reden von Menschen, die mit ihrem Können ihrer Passion nachgehen und dabei mehr oder weniger erfolgreich sind. Sie verstecken sich nicht, weil sie nichts Falsches gemacht haben. Bis jetzt. Denn diese aberwitzigen Klagen machen sie zur Zielscheibe von gierigen Anwälten. Das ist kein Spielerschutz und das trägt auch sicher nicht zur Verbesserung der Welt bei. Im Gegenteil.

 

 

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