Egal ob Tradition, Einfluss oder Reichweite. Die World Series of Poker ist in vielen Bereichen eine Klasse für sich. Was als Cash-Game-Runde vor mehr als einem halben Jahrhundert startete, ist mittlerweile ein mehrwöchiges Pokerfestival in Las Vegas. Dazu kommen weitere Live- sowie Online-Serien.
Die erste WSOP fand 1970 statt. Die Geschichte der World Series of Poker beginnt jedoch früher. Genau genommen mehrere Jahrzehnte davor, denn es war 1904, als Lester Ben Binion in Pilot Point (Grayson County, US-Bundesstaat Texas) geboren wurde.
Der Vater der WSOP erlebte das Ende der Wild-West-Ära mit. Wie sehr ihn dies geprägt hat, beschrieb Gary Cartwright 1991 in Texas Monthly: „Benny war ein Kind des Texas der Jahrhundertwende, einer Zeit, in der Glücksspiel als akzeptierter Beruf galt und Töten eine angemessene Methode war, Streitigkeiten auf altwestliche Art zu klären.“
Ohne Schulausbildung oder Unterstützung seiner Familie schlug sich Benny Binion in seinen Teenagerjahren mit Pferdehandel, Rancharbeit, aber auch mit Alkoholschmuggel und Glücksspiel durch.
Von Dallas nach Las Vegas
Ende des Ersten Weltkriegs machte Binion Dallas zu seiner Heimat. Dort lernte er Warren Diamond kennen, der Craps-Partien und anderes illegales Glücksspiel anbot. Während der Great Depression machte sich Binion selbstständig und arbeitete sich zum „König der Gangster“ hoch.
Die Stadtherren und die Polizei duldeten die De-facto-Casinos, da Binion wöchentlich Strafgelder zahlte und aushelfen konnte, wenn ein Gangster, der in Ungnade gefallen war, entfernt werden musste.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs änderte sich jedoch die politische Lage. Benny Binion riss alle Zelte ab und machte sich auf den Weg nach Las Vegas. Die illegalen Geschäfte liefen jedoch weiterhin, was Binion immer wieder juristische Probleme bescherte.
Ein Cowboy etabliert sich in Sin City
Binion war ein Visionär und legte die Grundsteine für das moderne Las Vegas. Während überall Sägemehl verwendet wurde, um die Böden der Casinos zu bedecken, ließ er echten Teppich verlegen. Gratisgetränke hielten die Spieler bei Laune, das billige Essen lockte viele weitere an. Zudem war der Casinoboss bereit, auch sehr große Wetten zu akzeptieren.
Während er sich den Kunden gegenüber als freundlicher Gastgeber präsentierte, verstand er es durchaus, sich gegen die Konkurrenz zu behaupten. „Er war entweder der sanftmütigste Bösewicht oder der gefährlichste Gute, den man je gesehen hat“, so Amarillo Slim über seinen Freund.
Benny Binion erkannte auch schon sehr früh, dass Poker durchaus ein Publikumsmagnet sein kann. Bereits 1951 organisierte er ein High-Stakes-Match zwischen Johnny Moss und Nicholas „Nick the Greek“ Dandolos, das sich über mehrere Monate hinzog.
Die wirklichen Details sind mittlerweile nicht mehr bekannt. Je nach Quelle soll das Match bereits 1949 stattgefunden haben. Ohnehin darf davon ausgegangen werden, dass das eigentliche Heads-Up deutlich weniger spektakulär war, als die Legende besagt.
Texas Rounders und die Gamblers Reunion
Allerdings dauerte es noch zwei Jahrzehnte, bis es das erste große Pokerturnier geben sollte. Im Jahr 1969 veranstalteten Tom Moore und Vic Vickrey die Texas Gamblers Reunion im Holiday Casino in Reno.
Zu den Teilnehmern gehörten neben Rudy „Minnesota Fats“ Wanderone und Benny Binion auch bekannte Grinder wie Johnny Moss, Puggy Pearson sowie die Texas Rounders – Thomas „Amarillo Slim“ Preston, Doyle Brunson und Brian „Sailor“ Roberts.
Zwei Details sind anzumerken: Zum einen war es kein Turnier, wie es heutzutage verstanden wird. So wurden sieben Tage ausschließlich Cash Games gespielt. Erfolgreichster Spieler war Crandell Addington.
Zum anderen war es kein Erfolg. Vickrey und Moore entschieden sich dagegen, eine zweite Texas Gamblers Reunion zu veranstalten. Benny Binion übernahm das Konzept und gab der Veranstaltung den Namen World Series of Poker.
Die erste WSOP im Horseshoe Casino
Benny Binion lud seine Zockerfreunde im Folgejahr zur ersten WSOP ein. Allerdings wurden erneut Cash Games gespielt. Insgesamt 38 Spieler kamen ins Binion’s Horseshoe, und nach eineinhalb Wochen wurde Johnny Moss zum Gewinner ernannt.
Crandell Addington kommentierte später, dass es eigentlich keinen offiziellen Gewinner gab, doch Benny Binion unbedingt einen Sieger präsentieren wollte. Der Legende nach wurden Spieler wie Doyle Brunson, Carl Cannon, Johnny Moss, Puggy Pearson, Amarillo Slim und Sailor Roberts befragt, wer am besten gespielt hatte.
Alle stimmten für sich, sodass Binion im zweiten Wahlverfahren wissen wollte, wer der zweitbeste Spieler war. Hier erhielt Johnny Moss die meisten Stimmen. Eine alternative Version dieser WSOP Geschichte ist, dass Johnny Moss schlicht und einfach das meiste Geld gewonnen hatte.
Die Problematik mit dem offiziellen Sieger brachte dann die erste große Veränderung bei der World Series of Poker. Bei der WSOP 1971 wurde anstelle von Cash Games ein Freezeout-Turnier gespielt. Fünf Events wurden angeboten. Das Buy-in beim Main Event lag bei $5.000 und sieben Spieler traten an. Den Sieg und das gesamte Preisgeld sicherte sich Johnny Moss.
Die Medien zeigen Interesse
Während 1970 und 1971 nur geladene Spieler mitspielen durften, so war die WSOP 1972 die erste offene Veranstaltung. Es gab zwei offizielle Turniere und das erste $10.000-Main-Event. Allerdings ergibt sich die Summe durch einen PR-Stunt. So zahlten Spieler $5.000 und Benny Binion steuerte jeweils $5.000 aus eigener Tasche bei.
Amarillo Slim war der offizielle Sieger. Wie Doyle Brunson jedoch in seinem Buch The Godfather of Poker verriet, wollten weder er noch Puggy Pearson den Sieg haben und es gab einen Chop. Der Grund hierfür war simpel.
Die $80.000 Preisgeld (in 2025 mehr als $610.000) sorgten für Interesse seitens der Presse. Brunson und Pearson wollten jedoch keine Bekanntheit erlangen. Poker war immer noch ein verrufenes Glücksspiel und professionelle Spieler wurden kritisch beäugt.
Der redselige Amarillo Slim dagegen liebte das Rampenlicht. In den folgenden Jahren war er das Aushängeschild der Pokerszene und sprach in Talkshows über das Leben als Berufszocker.
Wie aus dem Funken ein Lauffeuer wurde
Es ging von Jahr zu Jahr zügig voran. 1973 wurden bereits sieben Side Events gespielt. Dazu gab es das $10.000 Main Event, ohne den Zuschuss seitens Binion. Mit 13 Teilnehmern war der Preispool entsprechend astronomisch, zumindest für die damaligen Verhältnisse. Puggy Pearson holte das Main Event sowie zwei Side Events.
Zum allerersten Mal waren auch TV-Kameras anwesend. Damals wurde der Finaltisch gefilmt, und im Zentrum standen die Spieler, die in einer einstündigen Reportage nähergebracht wurden.
Dies mag heutzutage als nicht viel empfunden werden, war jedoch ein entscheidender Faktor. Zwar kannte der durchschnittliche Bürger Poker und es wurde auch in Home Games gespielt, doch nicht um solche Summen.
Das erste WSOP-Bracelet
Die goldenen Armbänder sind ein Synonym für einen WSOP-Sieg. Doch auch wenn Johnny Moss als der erste Bracelet-Gewinner gilt, so werden die Bracelets tatsächlich erst seit 1976 vergeben.
Zwischen 1971 und 1974 wurden simple Trophäen ausgeteilt. Diese waren nach Angaben von Bennys Tochter Becky einfach nur „kitschig“. Bei der WSOP 1975 gab es kleine Silberplatten, die zumindest einen gewissen Mehrwert boten.
Rekorde und der erste Amateur
Johnny Moss, Puggy Pearson, Sailor Roberts und Doyle Brunson. In den ersten Jahren der WSOP machten die Gründerväter das Main Event unter sich aus. Ende der 1970er berichtete der Fernsehsender CBS zwar regelmäßig über das Main Event, doch es fehlte ein Narrativ, das dem Zuschauer verkauft werden konnte.
Mit Bobby Baldwin gab es 1978 ein neues Gesicht. Der damals jüngste Main-Event-Champion aller Zeiten war allerdings – wie seine Vorgänger – ein professioneller Spieler.
1979 sollte sich dies ändern. Mit Hal Fowler holte zum ersten Mal ein Amateur das Main Event. Dass es zum ersten Mal mehr als 50 Teilnehmer gab, war ebenfalls ein wichtiger Meilenstein.
Die Presse sollte nicht lange auf die nächste große Geschichte warten müssen. 1980 setzte sich Stu Ungar im Main Event gegen Doyle Brunson durch. Der damals noch unbekannte Gin-Rummy-Spieler verweigerte „Texas Dolly“ seinen dritten Main-Event-Sieg.
Mit gerade einmal 26 Jahren brach Ungar obendrein Baldwins Altersrekord. Im Folgejahr holte Stu Ungar dann direkt den zweiten Titel im Main Event. Damit war klar, dass jeder das Main Event gewinnen kann, wenn er nur das nötige Talent hat.
A Chip and a Chair
1982 nahmen zum ersten Mal mehr als 100 Spieler am Main Event teil. Der Sieg von Jack Straus ist jedoch vor allem dadurch in Erinnerung, dass der baumlange US-Amerikaner während des Turniers ein spektakuläres Comeback hatte.
Jack Straus verlor ein All-In und wollte seinen Platz verlassen, als er einen weiteren Chip entdeckte. Über die Details wird sich gestritten – mal war der Jeton unter seinem Portemonnaie, mal zwischen einer Serviette und Table Rail.
Viel wichtiger ist jedoch, dass er mit diesem Chip die legendäre Aufholjagd startete und am Ende das Main Event holte. Die Redewendung „A Chip and a Chair“ gab es bereits vor dem Straus-Sieg, ist jedoch mittlerweile mit dem Comeback des US-Amerikaners verbunden. Ursprünglich beschrieb sie, dass es nicht viel braucht, um beim Poker mitzuspielen.
Während die offizielle Version sich um einen einzelnen Chip dreht, ist nicht ganz klar, ob es nicht mehr Chips waren. Eine lokale Zeitung berichtete kurz nach seinem Sieg, dass er zwischenzeitlich auf 525 in Chips gesunken war. Ein anderer Bericht nennt einen einzelnen 500er-Chip, der „versteckt“ gewesen sein soll.
Die WSOP wird modernisiert
Anfang der Achtziger wurde Omaha in Las Vegas populär. Das Konzept gab es schon vielerorts – teilweise mit fünf Holecards, teilweise mit vier. Robert Turner sprach mit Billy Boyd, dem Cardroom-Manager im Golden Nugget, über das Spiel, und dieser erkannte sofort das Potenzial.
Wie Doyle Brunson berichtet, verbreitete sich Omaha wie ein „Präriefeuer im Poker“. Bei der WSOP 1983 wurde das Action Game zum ersten Mal gespielt. Es gab noch eine weitere Neuerung: Um den Zulauf noch größer werden zu lassen, fanden seit 1982 die ersten Satellites statt.
The Poker Brat stoppt den Orient Express
Turnierpoker wurde immer populärer, und die WSOP war mittlerweile den Kinderschuhen entwachsen. Mit Amarillo Slims Super Bowl of Poker (1979 bis 1991) im Caesars Palace gab es sogar eine zweite Serie, die sich einen Namen machte.
Ende der 1980er sorgten dann zwei Spieler für Schlagzeilen. Johnny Chan konnte 1987 und 1988 einen Back-to-Back-Sieg im Main Event holen. Da in beiden Turnieren jeweils mehr als 150 Spieler antraten, war das eine beachtliche Leistung.
Letzter Gegner 1988 war übrigens niemand Geringeres als Erik Seidel. Bei eingefleischten Poker-Fans genießt die entscheidende Hand dank des Films Rounders (1998) einen Kultstatus.
1989 verpasste „The Orient Express“ dann allerdings die ganz große Sensation. Johnny Chan schaffte es erneut ins Heads-Up, musste sich dort jedoch geschlagen geben. Der Sieger war ein 24-jähriger Spieler namens Phil Hellmuth.
Die WSOP wächst und wächst und wächst
Anfang der 1980er übernahm Jack Binion immer mehr Aufgaben seines Vaters. Zusammen mit Turnierdirektor Eric Drache war die WSOP in guten Händen und wuchs weiter an, was zu einem Problem wurde.
Mittlerweile war nicht mehr genug Platz im alten Horseshoe, sodass Spieltische teilweise ins Golden Nugget sowie ins Four Queens ausgelagert wurden. 1988 übernahmen die Binions das benachbarte Mint Las Vegas, was die Platzprobleme beseitigte – zumindest vorzeitig.
The Comeback Kid
Stu Ungar galt als einer der talentiertesten Pokerspieler aller Zeiten. Einen Gegner hatte er jedoch, nämlich sich selbst. Bei der WSOP 1990 kehrte er ins Rampenlicht zurück und spielte das Main Event.
Ungar sicherte sich einen massiven Chip-Lead an Day 2. Dieser half ihm noch, bis zum Final Table zu kommen, nachdem er aufgrund einer Überdosis nicht mehr zu Day 3 zurückkehrte und ausgeblindet wurde.
Mit vielen Schulden und mittlerweile durch den starken Drogenkonsum gezeichnet, kehrte er 1997 ein letztes Mal zur WSOP zurück. Lowball-König Billy Baxter finanzierte das Buy-In, und Stu Ungar sicherte sich den dritten Main-Event-Sieg seiner Karriere.
Trotz des Bemühens seiner Freunde schaffte es Stu Ungar nicht, von den Drogen wegzukommen. Der talentierte Spieler verstarb 1998.
Der Vater verabschiedet sich
Benny Binion sollte leider nicht mehr erleben, wie die WSOP zu einem Massenphänomen wird. Im Dezember 1989 verstarb Benny Binion im Alter von 85 Jahren. Der Tod des Patriarchen sollte auch das Ende des Binion-Clans einleiten.
Jack Binion war zwar das neue Familienoberhaupt, genoss jedoch nicht den Rückhalt seiner Geschwister. Nachdem 1994 die Mutter ebenfalls verstorben war, begann zwischen den vier verbliebenen Kindern ein offener Kampf um das Vorrecht.
Ted Binion starb 1998 an einer Überdosis Drogen, wie zuvor schon seine Schwester Barbara (1983). Becky Binion, die bereits im Vorfeld Teds Anteil übernommen hatte, erwarb die Mehrheit am Casino.
Das Ende der Binion-Ära
Nach der Jahrtausendwende wurde Poker immer populärer. Grund hierfür waren zwei Dinge: Online-Poker und die Hole-Card-Cam (seit 2002 bei der WSOP), die 1995 von Henry Orenstein patentiert wurde.
Für die World Series of Poker selbst war es jedoch eine schwere Zeit. Jack Binion wurde von seiner Schwester von der WSOP ausgeschlossen. Einige prominente Spieler boykottierten sogar die prestigeträchtige Serie. Es wurde spekuliert, dass die WSOP nicht mehr lange bestehen werde.
2003 sorgte dann Chris Moneymaker für eine absolute Sensation. Der damals unbekannte Buchhalter qualifizierte sich via einem $86 Online-Satellite für das Main Event und räumte $2.500.000 Preisgeld ab. Der darauffolgende Moneymaker-Boom katapultierte die WSOP in ein neues Zeitalter.
Allerdings ohne die Binions am Steuer. In Las Vegas hatte ein neues Zeitalter begonnen. Das von einem Cowboy gegründete Casino war nur noch ein Relikt aus glorreichen Tagen. Moderne Casinos zogen nun die spendierfreudigen Touristen an.
Schulden und Verwaltungsprobleme sorgten dann dafür, dass Anfang 2004 das Binion’s Horseshoe kurzzeitig geschlossen wurde. Nur wenige Tage später wurde das Casino samt Rechten an der WSOP an Harrah’s Entertainment verkauft.
Rauchfreie WSOP
Das neue Jahrtausend brachte nicht nur einen massiven Zulauf für die World Series of Poker. Der legendäre „Horseshoe Crud“ (Horseshoe-Dreck) war ein dichter Dunst von Zigaretten. Seit 2002 wird die WSOP jedoch rauchfrei gespielt.
Angeführt von Tom McEvoy unterzeichneten mehr als 500 Spieler – darunter Doyle Brunson, Phil Ivey, Johnny Chan, Daniel Negreanu, Huck Seed und Barbara Enright – eine Petition und drohten mit einem Boykott.
WSOP Spieler des Jahres
Bei der WSOP 2004 wurde zum ersten Mal der Titel „Player of the Year“ (WSOP POY) vergeben. Daniel Negreanu war der erste Titelgewinner und ist bisher der einzige Spieler, der zweimal (2004 & 2013) gewinnen konnte. George Danzer (2014, Foto) ist der einzige Europäer, der jemals WSOP Spieler des Jahres wurde.
Der Veranstaltungsort der WSOP
Seit ihrer Gründung wurde die World Series of Poker im Binion’s Horseshoe in der Fremont Street gespielt. Mit der Übernahme der Serie durch Harrah’s Entertainment wechselte jedoch der Standort.
Die WSOP 2005 wurde zum ersten Mal im Rio All-Suite Hotel and Casino ausgetragen, das abseits des Las Vegas Strips liegt. Die einzige Ausnahme bildeten die beiden letzten Tage des Main Events – hierfür kehrte man ins Binion’s zurück.
Harrah’s Entertainment kaufte 2005 Caesars Entertainment und damit auch das Rio All-Suite Hotel and Casino. Dieses wurde 2019 an Dreamscape verkauft. Die WSOP 2021 war die letzte Serie, die im Rio stattfand. Seit 2022 wird die WSOP im Bally’s Las Vegas gespielt. Nur ein Jahr später wurde das Casino in Horseshoe Las Vegas umbenannt.
Der Online-Boom
Harrah’s hatte sich die Rechte zur perfekten Zeit gesichert. Die TV-Bilder von Moneymakers Erfolg gingen um den Globus. Poker-Fans weltweit versuchten, sich für das Main Event zu qualifizieren. Die zahlreichen Online-Poker-Rooms halfen hierbei mit.
Während Online-Poker bereits von 2002 (631 Teilnehmer) auf 2003 (839 Teilnehmer) für Rekorde beim Main Event gesorgt hatte, schien es jetzt kein Halten mehr zu geben. 2004 waren es bereits 2.576 Spieler, die Zahl verdoppelte sich 2005 (5.619 Teilnehmer).
2006 wurde mit 8.773 Spielern ein Rekord aufgestellt, der erst 2023 geknackt werden sollte. Mit den wachsenden Teilnehmerzahlen kletterten auch die Preisgelder rasant nach oben: Chris Moneymaker (2003, $2,5 Mio), Greg Raymer (2004, $5 Mio), Joe Hachem (2005, $7,5 Mio) und Jamie Gold (2006, $12 Mio). Das Wachstum schien kein Ende zu nehmen.
Regulierung und der Black Friday
Das rasante Wachstum der WSOP war eng mit dem Online-Poker-Markt verknüpft. 2006 gab es den ersten Rückschlag, als in den USA das UIGEA (Unlawful Internet Gambling Enforcement Act of 2006) verabschiedet wurde.
Einige Anbieter zogen sich vom US-Markt zurück, darunter auch der damalige Marktführer PartyPoker. Das UIGEA war die Grundlage für den Black Friday, der 2011 Online-Poker in den USA fast komplett zum Stillstand brachte.
Die WSOP bekommt Zuwachs
Mit dem steigenden Interesse an der WSOP gab es 2005 die erste Expansion. So wurde im Januar in Atlantic City die erste World Series of Circuit gespielt. Im Gegensatz zur großen Sommerserie richten sich diese Festivals an Low- und Mid-Stakes-Spieler.
Der Name ist Programm: Diese Serie tourt und findet in unterschiedlichen Casinos statt. Ursprünglich gab es eine einzelne WSOP Circuit. Der Fokus lag klar auf Veranstaltungen in den USA mit einigen Abstechern ins Ausland. Seit 2015 gibt es auch noch die WSOP International Circuit.
Die WSOPC wird immer in Saisons gespielt. Eine Spielzeit startet nach dem Ende der WSOP in Las Vegas und endet kurz vor der darauffolgenden Sommerserie. Highlight ist das Saisonfinale.
Während es bei der WSOPC Goldringe anstelle von Bracelets zu gewinnen gibt, wird seit der Spielzeit 2010/11 jährlich ein Bracelet vergeben. Das Event wurde unter den Namen WSOP Circuit National Championship (2011–2015) und WSOP Global Casino Championship (2016–2020) gespielt. Seit 2021/22 wird das Turnier unter dem Namen WSOP Tournament of Champions veranstaltet.
Die November Nine
Mit den rasant wachsenden Teilnehmerzahlen beim Main Event stieg auch die Zahl der Spieltage. Im Vorfeld zur WSOP 2008 wurde dann das November-Nine-Format für den Final Table angekündigt.
So wurde im Sommer das Feld bis zum letzten Tisch heruntergespielt und die Entscheidung vertagt. Mit Ausnahme der Wahljahre 2012 und 2016 – in denen im Oktober gespielt wurde – kehrten die neun Finalisten erst im November nach Las Vegas zurück.
Grund für die extrem lange Pause war die TV-Übertragung. ESPN und Harrah’s Entertainment erhofften sich höhere Einschaltquoten, wenn der Sieger noch nicht bekannt ist. Die einzelnen Episoden, die erst durch die Post-Produktion mussten, wurden wöchentlich ausgestrahlt, wobei die letzte Folge kurz vor dem Final Table gezeigt wurde.
Die Entscheidung sorgte für Kritik seitens der Spieler und Fans. Die Veranstalter hingegen waren vom Erfolg überzeugt. Mit der zunehmenden Popularität von Livestreams änderte sich jedoch die Art, wie Poker konsumiert wurde.
Poker Central (PokerGO) ging 2017 mit Harrah’s und ESPN einen Deal für die digitalen Medien- und TV-Rechte ein, und das Main Event kehrte zum traditionellen Format zurück.
Der erste Weltmeister aus Deutschland
Mit dem Online-Poker-Boom brachte Las Vegas regelmäßig deutschsprachige Bracelet Gewinner hervor. 2011 gab es dann eine echte Sensation: Pius Heinz war der erste deutschsprachige Main-Event-Champion.
Die WSOP expandiert weiter
2007 wurden zum ersten Mal Bracelets außerhalb von Las Vegas vergeben. Die WSOP Europe wurde 2007 und 2008 in London gespielt. Danach ging es zwei Jahre nach Cannes und im Folgejahr nach Enghien-les-Bains.
Die WSOP Europe 2015 wurde in Berlin gespielt, seit 2017 ist das King’s Resort (ehemals King’s Casino) in Rozvadov Heimat der Bracelet-Serie. 2013 und 2014 gab es die World Series of Poker Asia Pacific (WSOP APAC), die beide Male im Crown Casino in Melbourne ausgetragen wurde.
Seit 2015 werden bei der Serie in Las Vegas auch Bracelets bei Online-Turnieren auf WSOP.com ausgespielt. 2017 gab es eine Partnerschaft zwischen Caesars (ehemals Harrah’s) und Tencent Holdings, um eine Serie in China zu etablieren. Die WSOP China im Dezember desselben Jahres war jedoch die einzige Serie, die tatsächlich gespielt wurde. Es gab 14 Turniere, wobei lediglich im Main Event ein Bracelet ausgespielt wurde.
Seit 2023 gibt es die WSOP Paradise. Diese Serie richtet sich vor an High Roller und Super High Roller. Als Austragungsort wurde das Atlantis Paradise Island auf den Bahamas gewählt.
World Series of Poker Africa
Die WSOPA wurde 2010, 2012 und 2013 gespielt. Die erste World Series of Poker Africa wurde im Rahmen der WSOP Circuit gespielt, jedoch gab es kein Edelmetall für die Turniergewinner. Bei den beiden anderen Festivals gab es WSOPC-Ringe zu holen.
One Million Dollar
Bei der WSOP 2012 gab es mit dem $1.000.000 Big One for One Drop das bis dato teuerste Pokerturnier aller Zeiten. Dieses Mega High Roller war 2014 sowie 2018 ebenfalls ein Braceletturnier der World Series of Poker.
Das Jahr ohne Live Poker
Im Dezember 2019 brach in China ein damals unbekannter Virus aus. Im März 2020 erklärte die WHO COVID-19 dann offiziell zur Pandemie. Der weltweite Lockdown sorgte dafür, dass an Live-Poker im großen Stil nicht zu denken war.
Weder die WSOP in Las Vegas noch die WSOP Europe wurden gespielt. Dies war der Beginn der WSOP Online. Es gab eine Serie auf WSOP.com für amerikanische Spieler sowie eine Serie auf GGPoker für die internationalen Spieler.
Live-Poker gab es dann doch noch: Das $10.000 Main Event wurde im Dezember sowohl auf WSOP.com (USA) als auch auf GGPoker gespielt. Die beiden Final Tables wurden live im Rio (Las Vegas) sowie im King’s Resort (Rozvadov) ausgetragen. Die beiden Gewinner spielten dann ein Heads-Up in Sin City um den offiziellen Titel.
Mit GGPoker als offiziellem Partner wurde 2020 erfolgreich überstanden, und in den Folgejahren zeigte sich, dass die WSOP Online ebenfalls ein großer Erfolg ist. Doch auch im Bereich der Satellites half der Poker Room beim Wachstum der Serie mit.
Neue Rekorde und der zweite Online-Boom
Seit 2005 wurde die World Series of Poker im Rio Hotel & Casino (ehemals Rio All-Suite) gespielt. Caesars Entertainment (ehemals Harrah’s Entertainment) verkaufte 2019 das Casino an der Flamingo Road an Dreamscape Companies.
2022 zog die WSOP dann an den Strip um. Die neue Heimat war das Bally’s Las Vegas – zumindest für ein Jahr, denn seit 2023 trägt das Casino den Namen Horseshoe Las Vegas. Bei Massenveranstaltungen wird die World Series of Poker auch in das benachbarte Paris Las Vegas ausgelagert.
Dieser zusätzliche Platz ist nötig. Dank GGPoker wurden 2023 und 2024 zahlreiche Besucherrekorde gebrochen – unter anderem im Main Event. Dort wurden mit 10.043 sowie 10.112 Teilnehmern fantastische Rekorde aufgestellt.
GGPoker kauft die WSOP
Harrah’s Entertainment benannte sich 2010 in Caesars Entertainment Corporation um. Aufgrund von Geldproblemen, die sogar zu einem Insolvenzverfahren führten, wurde das Unternehmen jedoch so umstrukturiert, dass die Rechte an der WSOP offiziell bis 2020 bei Harrah’s lagen. Ab 2020 war Caesars Entertainment der neue Inhaber.
Im August 2024 gab es dann die Sensation: Die NSUS Group erwarb die Rechte an der World Series of Poker. Die Firma hinter GGPoker legte hierfür $500 Millionen auf den Tisch.
FAQ zur WSOP-Geschichte
Wann wurde die erste WSOP gespielt?
Die erste World Series of Poker fand 1970 statt, allerdings als Cash-Game-Wettbewerb. Erst 1971 gab es eine WSOP mit Pokerturnieren.
Wer hat die World Series of Poker erfunden?
Benny Binion ist der Namensgeber der WSOP. Die Idee hatte er von Tom Moore und Vic Vickrey, die 1969 die Texas Gamblers Reunion veranstalteten.
Seit wann gibt es die WSOP Europe?
Die erste World Series of Poker außerhalb von Las Vegas wurde 2007 in London gespielt. Mit Ausnahme von 2014, 2016 und 2020 wurde die Serie seither jährlich ausgetragen.
Wem gehört die World Series of Poker?
Die Rechte an der WSOP gehörten ursprünglich der Binion-Familie. 2004 übernahm Harrah’s Entertainment die Rechte. Aus Harrah’s wurde später Caesars Entertainment. Die Firma trat 2024 die Rechte an die NSUS Group (GGPoker) ab.
In welchem Casino wird die WSOP gespielt?
Bis 2004 wurde die World Series of Poker im Binion’s Horseshoe an der Fremont Street (Downtown) gespielt. Zwischen 2005 und 2021 war das Rio All-Suite Hotel & Casino Gastgeber für die WSOP. Seit 2022 wird im Horseshoe Las Vegas (ehemals Bally’s Las Vegas) am Strip gespielt.